Auskunftsrecht: Verdienen Ihre Kollegen mehr als Sie?

Auskunftsrecht Gehalt: BWI Unternehmensberatung weiß, wie es geht.

Erstellt von Gerald Loacker

30. Januar 2025

Die EU-Lohntransparenz-Richtlinie 2023/970[1] soll den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen stärken. Sie führt dabei ein Element ein, das wir im österreichischen Arbeitsrecht bisher nicht kennen: Die einzelnen Beschäftigten bekommen ein individuelles Recht, Auskunft über durchschnittliche Entgelthöhen im Unternehmen zu verlangen. Wie sieht das genau aus?

Einmal im Jahr kann künftig jeder und jede Beschäftigte vom Arbeitgeber eine Auskunft über die durchschnittliche Entgelthöhe verlangen, und zwar jener Beschäftigten, die die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten wie die anfragende Person. Die Neugier, ob die Kollegen im Durchschnitt mehr oder weniger verdienen, wird künftig gestillt. Diese Auswertung muss schriftlich erfolgen und die Werte nach Geschlecht aufschlüsseln. (Art 7 Abs 1). Damit wird der Abstand des Anfragers zum Schnitt der Frauen und zum Schnitt der Männer mit gleicher oder gleichwertiger Arbeit sichtbar[2].

Auskunftsrecht auch über den Betriebsrat

Diese Auswertung können die Beschäftigten auch über die Arbeitnehmervertretung einfordern, müssen das also nicht persönlich tun (Art 7 Abs 2). Aber auch wenn Ihr Unternehmen keinen Betriebsrat hat, werden die Beschäftigten dieses Recht nicht vergessen, weil die Arbeitgeber jährlich alle Arbeitnehmer darüber informieren müssen, dass und wie sie dieses Auskunftsrecht geltend machen können (Art 7 Abs 3).

Wenn ein Beschäftigter diese Auskunft verlangt, hat das Unternehmen zwei Monate Zeit, die schriftliche Antwort auszufertigen  (Art 7 Abs 4).

Was bedeutet „gleichwertig“?

Die nicht ganz banale Frage, wann verschiedene Arbeiten „gleichwertig“ sind, muss in Österreich noch geregelt werden. Es ist vorstellbar, dass der Gesetzgeber in weiterer Folge den Betrieben dafür verschiedene Lösungswege offenlassen wird. Bis Mitte 2026 hat die Republik Österreich Zeit, diese Richtlinie in nationales Recht umzusetzen und offene Fragen zu klären.

Obwohl die Richtlinie auf gleiches Entgelt zwischen Männern und Frauen abzielt, bleibt einem Arbeitgeber diese Regelung auch dann nicht erspart, wenn das Unternehmen beispielsweise ausschließlich Männer beschäftigt. Auskunft darüber, wie viel die Männer mit gleichwertiger Arbeit im Schnitt verdienen, muss jedem einzelnen Beschäftigten auf Anfrage dennoch erteilt werden.

Gilt auch für KMU!

Manche Teile der EU-Lohntransparenz-Richtlinie gelten erst ab 250 Beschäftigten. Die gegenständliche Bestimmung kennt allerdings keine derartige Grenze. Auf die Frage „Chef, wie viel verdienen eigentlich meine Kollegen?“ werden also die Vorgesetzten in kleineren und mittleren Unternehmen ab 2026 ebenfalls eine schriftliche Antwort geben müssen. Darauf sollten die Arbeitgeber vorbereitet sein.

 

 

Zur EU-Lohntransparenz-Richtlinie lesen Sie auch: „Was haben Sie zuletzt verdient?

 

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[1] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32023L0970

[2]  Offen ist noch, ob sich die ausgewiesenen Daten auf das vorige Geschäftsjahr oder auf einen aktuelleren Zeitraum beziehen müssen.

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